Zeitdokumente zu den Anfängen

“Die Welt” schrieb am 6. Oktober 1949:

Barackenlager wird Kleinstadt

Von der „Eselsheide“ zum „Stukenbrock" - Der Stacheldraht fiel

Paderborn, 6. Okt. (Eig.-Ber.) Das ehemalige Kriegsgefangenenlager „Eselsheide" mit 140 Holzbaracken und 130 Nissenhütten, die Barackenstadt an der Straße Paderborn-Bielefeld, erhält ein neues Gesicht. Die primitiven Lagerunterkünfte werden in freundliche Wohnstätten umgewandelt, der Stacheldraht wird niedergerissen und der öde Senneboden mit Pappeln und Birken bepflanzt.

Auf Wunsch des Sozialministeriums von Nordrhein-Westfalen soll hier ein Sozialwerk entstehen, das Hilfsbedürftigen Zuflucht bietet, die der Krieg um Heimat, Gesundheit und Existenz gebracht hat.

"Der Anfang war deprimierend"

17 000 Russen lebten hier während des Krieges, später deutsche Kriegsgefangene und dann politische Häftlinge. Im Frühjahr 1948 begann die Hauptverwaltung gemeinsam mit der Karitas, dem Evangelischen Hilfswerk, dem Deutschen Roten Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt und dem Westfälischen Blindenverein das Lager neu herzurichten.

"Der Anfang war deprimierend" sagt der Beauftragte des Evangelischen Hilfswerkes, "die Baracken, reparaturbedürftig und ohne Mobiliar, lagen verwahrlost da": Es fehlen Handwerksgeräte und Baumaterial. Feierabend und Urlaub kannten die Beteiligten an dem Aufbauwerk in der Senne nicht mehr. Tag für Tag wurde an der „Kleinstadt" bis spät in die Nacht hinein gearbeitet, die den Namen "Sozialwerk Stukenbrock" erhielt.

"Nach Instandsetzung der Versorgungsanlagen für Strom, Wasser und Abwässerung ist das Lager jetzt zu 60 v. H. umgebaut", sagte der Leiter der technischen Abteilung. 5000 Bäume wurden angepflanzt, 30 v. H. der Stacheldrahtumzäunung beseitigt. Für die Bauarbeiten an den Holzbaracken, die in massive Eigenheime umgewandelt werden, stehen eigene Werkstätten zur Verfügung. Auf dem Werkhof werden Steine hergestellt. Eine Kleinbahn verbindet die aufwachsende Kleinstadt mit der nächsten Bahnstation. 2500 Menschen soll der Anstaltsbetrieb nach dem Ausbau aufnehmen.

Heute besteht schon ein Behelfskrankenhaus mit 60 Betten, eine Poststelle und ein kleines Kaufhaus. Im Block des Blindenheims ist eine Werkstattbaracke für Korbflechter und Bürstenmacher. Eine Nissenhütte, die bisher als Gotteshaus diente, ist durch eine neue Kirche ersetzt worden. Sie wird am Sonntag geweiht.

Die “Freie Presse, Bielefeld Land” schrieb am 11.10.1949:

Neue Heimat für 1000 Vertriebene

Sozialwerk Stukenbrock wird ausgebaut - Alle Wohlfahrtsverbände beteiligt.

Von unserem P.L.-Korrespondenten Bielefeld, 11. Okt. Das Sozialwerk Stukenbrock ein früheres Kriegsgefangenenlager, später Unterkunft für Internierte, ist im Westfalenlande und darüber hinaus zu einem Begriff geworden. Rund 1000 Ostvertriebene, die zum größten Teil nach jahrelangem Aufenthalt aus dänischen Lagern gekommen sind, haben hier eine neue Heimat gefunden. Die Betreuung und die Neueinrichtung der noch brauchbaren Baracken und Nissenhütten wurde durch das Sozialministerium, dem Evangelischen Hilfswerk Westfalen, der Caritas, dem Deutschen Roten Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt und dem Westfälischen Blindenverein übertragen. Es ist das erste Mal, daß mehrere freie Wohlfahrtsverbände gemeinschaftlich an einer Stätte in Westfalen wirken. Das gute Zusammenarbeiten - auch über Konfessionen hinweg - ist ein sichtbares Zeichen dafür, daß dieser Versuch des Sozialministeriums geglückt ist.

„Es war sehr schwer, aus dieser Unordentlichkeit, die ein verlassenes Interniertenlager hinterläßt, ein geordnetes Gefüge zu schaffen", sagte der Beauftragte, als wir die Zwei-, Drei-, und Vierbettenzimmer sowie ganze Wohnungen von

Flüchtlingsfamilien besichtigten. „Wir haben hier wirklich eine neue Heimat gefunden, und es wäre undankbar von uns, sollten wir das nicht offen bekennen", heißt es allenthalben bei den Flüchtlingen. Viele der sauberen Baracken überraschten durch feinen Anstrich, der ihnen das Aussehen eines netten Wochenendhäuschens gab. Heute schmücken 5000 schnellwüchsige Bäume die sonst so leeren und öden Straßen und Wege. „Wir sind so froh, daß wir hier sein können, ich habe in Stukenbrock ein zweites Zuhause gefunden", sagte ein altes Mütterchen von über 80 Jahren, das aus dem brennenden Königsberg noch herausgekommen ist.

Eine Vieh- und Geflügelzucht sorgt mit für das allgemeine Wohl. „O ja, das Essen ist sehr gut, es ist vor allem etwas drin". Beim Rundgang stießen wir auf ein Kaufhaus, ein Friseurgeschäft, Apotheke, Lesehalle, Badeanstalt usw. Im Blindenheim ist eine Werkstatt eingerichtet, wo die Blinden Körbe, Matten, Bürsten und andere Haushaltsgeräte und Gegenstände herstellen.

Auch für die Kinder ist gesorgt. Die schon seit langem im kleinen bestehende Schule hat nunmehr den Charakter einer amtlichen Evangelischen Schule erhalten, die von 120 Kindern täglich besucht und von einer früheren Schwester, einer Mittelschullehrerin, geleitet wird. Neuerdings ist für diese große hier entstandene Flüchtlingsgemeinde eine ev. Kirche mit 250 bis 300 Sitzplätzen erbaut, die einen acht Meter hohen Kirchturm mit Glocke hat. Die neue Kirche, die allen ein Stück Heimat bedeutet, wurde am vergangenen Sonntag durch den Präses der Westfälischen Kirche, Wilm , in Gegenwart des Bevollmächtigten des Evangelischen Hilfswerks Westfalen, Pastor Pawlowski, feierlich eingeweiht.

Die Westfalen Zeitung Bielefeld Stadt schrieb 1949 (genaues Datum unbekannt):

Das Altersheim in Stukenbrock wird ausgebaut

Besuch beim Evangelischen Hilfswerk - Neue und schönere Wohnblocks -
600 Betten werden aufgestellt

Am Rande des ehemaligen Truppenübungsplatzes Sennelager, wo das weite Münsterland von den Berghängen des Teutoburger Waldes eingefaßt wird, liegt an der Straße Bielefeld-Paderborn in nächster Nähe der Emsquellen, eine große, sandige Heide, die sogenannte Eselsheide. Hier liegt das große Sozialwerk Stukenbrock. Es war ein sonniger Tag, als wir dort diesmal zum Besuch im Block des Ev. Hilfswerks Westfalen eintrafen. Viele der Alten, die hier endlich ein Zuhause gefunden haben, saßen draußen vor ihren Türen.

„Wir sind mit am längsten hier, seit Mai 1948, da muß man es sich doch ein wenig nett machen", meinte ein altes Pärchen und wies auf ihr Zwei-Betten-Zimmer. Wir traten ein und waren von der Wohnlichkeit der Räume überrascht: Schon im Herbst 1948 wurde das erste umgebaute Barackenheim für das Altersheim auf den Namen Bethesda geweiht und bezogen. Gleich danach konnte eine Nissenhütte als Kapelle ihrer Bestimmung übergeben werden, so daß die Anstaltsgemeinde hier ihre Gottesdienste abhalten kann.

Nachdem im Laufe des Sommers 1948 noch drei weitere Transporte und Ende Oktober ein weiterer Lazarettzug aus Dänemark mit 260 Alten und Kranken eintraf, hat das Ev. Hilfswerk nunmehr in seinem Behelfskrankenhaus 75 Insassen und im Altersheim 282 Alte, einschließlich Mütter mit Kindern, die von zwölf Diakonissen, sechs freien Schwestern, einem Arzt und einem Beauftragten versorgt werden. Eine eigene Waschanlage, Tischlerwerkstätte

und andere Anlagen sorgen für das allgemeine Wohl. In diesen Einrichtungen werden noch arbeitsfähige Vertriebene beschäftigt, die sich gern ein kleines Taschengeld verdienen. In jeder Baracke gibt es drei Zimmer für Ehepaare, drei Vierbetten- und zwei Sechsbetten-Zimmer.

Nunmehr beginnt ein weiterer Umbau von Baracken im Altersheim, um es noch größer und wohnlicher zu gestalten. Insgesamt 600 Betten sollen gewonnen werden. Auch das äußere Bild ist weit freundlicher geworden. Wohl hundert junge Bäumchen wurden in diesem Frühjahr angepflanzt. Blumen- und Grünanlagen lassen langsam das Lagerbild verblassen. Ein noch im kleinen Umfang betriebener Gemüsegarten trägt zur Aufbesserung der Speisen, die in einer eigenen Großküche hergerichtet werden, bei. Desgleichen auch die angelaufene Vieh- und Geflügelwirtschaft. Auch für die Kinder wird gesorgt. Viele Kinder aus dem Industriegebiet, inmitten der Senne, umgeben von Wald und Heide, finden hier bei guter Verpflegung Erholung und Gesundung.

Jetzt wurde das neue Schuljahr der im Block des Altersheims betriebenen Schule eröffnet. Diese Schule soll in kürzester Zeit eine evangelische Bekenntnisschule mit amtlichem Charakter werden. Nach Zusagen des Ministeriums, den die Mittel für den Umbau einer neuem Schule bereitgestellt hat und Rückfragen beim Schulrat in Paderborn wird die neue amtliche Lagerschule bald in Tätigkeit treten. In Kürze wird wieder ein Transport aus dem polnisch besetzten Gebiet erwartet. Bei der guten Zusammenarbeit mit der Karitas und den anderen Spitzenverbänden werden noch weitere Pläne ihrer Verwirklichung entgegenreifen.

Titel Bild 1 im Artikel: Während die Mädchen lustig Ringelreihen spielen, beschäftigen sich die Alten mit leichten Arbeiten, von denen sie gern einmal aufschauen um das Treiben der Jugend zu beobachten

Titel Bild 2 im Artikel: Auf in den Speisesaal

Eine Stadt wächst aus dem Sennesand

Sozialwerk Stukenbrock Asyl für 2500 Kranke, Heimat- und Obdachlose

Im Sozialwerk Stukenbrock nahm Präses Wilm von der evangelischen Kirche von Westfalen kürzlich die Einweihung einer mit etwa 250 Sitzplätzen, festem Kirchturm und Glocke ausgestatteten massiven Kirche vor, wie die Freie Presse berichtete. Diese Tatsache hat die Sozialarbeit, die seit bald 2 Jahren in der Senne geleistet wird, in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Wie sieht es heute in Stukenbrock aus?

Das ehemalige Kriegsgefangenenlager "Eselsheide", die aus 140 Holzbaracken und 130 Nissenhütten bestehende Barackenstadt an der Straße Paderborn-Bielefeld, erhält ein neues Gesicht. Fleißige Hände sind dabei, den das 500 000 qm große Heidegelände umzäunenden Stacheldraht, niederzureißen, die primitiven Lagerunterkünfte in freundliche Wohnstätten umzuwandeln und den öden Senneboden mit schattenspendenden Pappeln und Birken zu bepflanzen.

Ein Werk der Wohltätigkeit

Bis zu 17 000 Russen beherbergte das von Wachtürmen überragte Riesenlager im Quellgebiet der Ems, als der Krieg tobte. Dann hausten in den stark demolierten Baracken, die bei Fliegerangriffen verschont geblieben waren, deutsche Kriegsgefangene. Schließlich saßen in der trostlosen Steppenlandschaft, die dem Westrand des Teutoburger Waldes vorgelagert ist, politische Häftlinge hinterm Stacheldraht. Im Frühjahr 1948, als die Militärverwaltung Eselsheide in die Obhut des Sozialministeriums gab, begann die vom Ministerium eingesetzte Hauptverwaltung mit den Helfern des Evangelischen Hilfswerkes, der Karitas, des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und des Westfälischen Blindenvereins das Lager für seinen wohltätigen Zweck herzurichten.

Der Anfang war deprimierend

Das sagt der Beauftragte des Evangelischen Hilfswerkes. „Die Baracken, durchweg reparaturbedürftig und ohne das notwendige Mobiliar, präsentierten sich in unbeschreiblich verwahrlostem Zustand." Es fehlte Handwerksgerät, es fehlte Baumaterial. Die Tage waren zu kurz, die Arbeitshände zu wenig. Eine nach der anderen Holzbehausung wurde in entsagungsvoller Kleinarbeit wohnfähig gemacht. Monate anstrengender Bemühungen vergingen, bis die primitivsten Voraussetzungen für ein halbwegs geordnetes Gemeinschaftsleben geschaffen waren. Inzwischen aber rollten schon die ersten Transporte mit obdachlosen Heimatvertriebenen heran.

Tag für Tag wurde geschafft

Feierabend und Urlaub waren den Beteiligten an dem großen Aufbauwerk in der Senne, das auf ministerielle Weisung den Namen „Sozialwerk Stukenbrock" erhielt, unbekannte Begriffe geworden. Tag für Tag wurde jeweils bis spät in die Nacht hinein gearbeitet und geplant. Die Sozialverbände hatten ihre bestimmten Anstaltsbezirke, in denen sie in verständnisvollem Zusammenwirken mit der Hauptverwaltung, der übrigens ein Jugenderziehungsheim angeschlossen wurde, Heimstätten bauten.
„Nach Instandsetzung der Versorgungsanlagen für Strom, Wasser und Abwässerung ist das Lager heute zu 60 Prozent umgebaut", erklärt der Leiter der technischen Abteilung. 5000 schnellwüchsige Bäume wurden bisher nach der Wetterseite gepflanzt, 30 Prozent der Stacheldrahtumzäunung beseitigt. Für die Bauarbeiten an den Holzbaracken, die in massive Eigenheime umgewandelt wurden, stehen ein halbdutzend Werkstätten zur Verfügung. Auf eigenem Werkhof werden Steine fabriziert. Eine Kleinbahn schafft zur sechs Kilometer entfernt liegenden nächsten Bahnstation Hövelhof eine direkte Verkehrsverbindung. 2500 Menschen soll der Anstaltsbetrieb nach komplettem Ausbau, der zum Jahreswechsel 1950/51 erwartet wird, beherbergen.

Für alles ist gesorgt

Zur Zeit bietet das „Sozialwerk Stukenbrock" bereits 1000 Heimat-und Obdachlosen, Alten, Blinden, Jugendlichen und erholungsbedürftigen Wöchnerinnen und Kindern Unterkunft. Es besteht ein Behelfskrankenhaus mit 60 Betten, das in absehbarer Zeit um 40 Betten vergrößert wird, ein zur Zeit im Umbau befindlicher Operationsraum, eine Poststelle mit durchschnittlichem Kleinstadtbetrieb, ein „Kaufhaus", in dem alle Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs zu haben sind. Friseurladen und Schusterwerkstatt fehlen den Lagerbewohnern, die bei freier Station täglich 20 Pf Taschengeld erhalten, ebenso wenig wie eine Apotheke und eine Lesehalle. Im Block des Blindenheims ist eine Werkstattbaracke, in der Blinde Körbe, Matten, Bürsten und andere Haushaltsgeräte herstellen.

Die FREIE PRESSE-Reportage schrieb 1948 (genaues Datum unbekannt):

Vom Interniertenlager zum Sozialwerk

Die Wandlungen des Kriegsgefangenenlagers Eselheide
Hoher Idealismus im Sand der Heide

Es gibt Wandlungen, die Sinn und Sein in das Gegenteil verwandeln. So wurde das frühere Kriegsgefangenenlager Eselsheide zwischen Hövelhof und Stukenbrock, das nach dem Umbruch zunächst. deutsche Kriegsgefangene hinter seinem Stacheldraht zusammenpferchte, dann jahrelang einige Tausend Internierte beherbergte und das vor einigen Monaten dem Sozialministerium Nordrhein-Westfalens übergeben wurde, zu dem neuen

Sozialwerk Stukenbrock

Die Freie Presse machte dort einen Besuch und fand eine Anzahl Baracken und Nissenhütten im fußtiefen grauen und gelben Heidesand auf einem Geviert von etwa 700 zu 1000 Metern. All die Unmenschlichkeit und Not der früheren Jahre wird hier in Zukunft durch Werke der Liebe und Aufopferung getilgt. Tausende Flüchtlinge, Blinde und Kinder sollen hier Erholung und Unterkommen finden. Eine Art Heimstättensiedlung mit einem dem Sozialministerium verantwortlichen Verwaltungsdirektor und einem parlamentarischen Gremium der in diesem Werk tätigen Verbände, Arbeiterwohlfahrt, Karitas, Innere Mission, Westfälische Blindenfürsorge und Deutsches Rotes Kreuz ist hier im Entstehen. Unermüdliches gemeinsames Schaffen, das an die Hingabe und Selbstverleugnung der Beamten, Pfleger, Handwerker usw. täglich die größten Ansprüche stellt, wird hier der Menschenliebe ein Denkmal setzen.

Wir wollen ehrlich sein: Der erste Eindruck an einem trübverhangenen Tage, an dem der Wind den Sand zu Wolken aufwirbelt, war deprimierend. Doch später kam nicht nur die Sonne auf, nein, auch das Leuchten in den Augen der Funktionäre, ihr Idealismus, ihr unbändiger Glaube und nicht zuletzt das Geborgensein der über 300 kranken und alten Flüchtlinge aus Dänemark im Krankenblock ließen uns alles mit ganz anderen Augen ansehen. Der Eindrücke waren so viele,. daß wir nur einige schildern können.

Im Jugendheim

Hundert Jungen sollen hier einmal eine Heimat haben, zur Zeit sind es etwa 30, die hier neuen Lebensinhalt finden. Ein Gruppenleiter führt uns durch die Unterkünfte. Vor der Tür ruft uns ein verwegenes Bild zu „Haxen abkratzen!" und im Tagesraum lesen wir den Spruch: „Es ist wichtig, unter Schicksalsschlägen geistig zu wachsen, bis man das Schicksal überragt!“ Der Jugendleiter, der mit den Jungen jung geblieben ist, erzählt uns von seiner Arbeit und seinen Nöten. Es fehlt an allem, besonders Bücher sind gefragt. Wer greift in seinen Bücherschrank und macht eine kleine Spende als Grundstock einer kleinen Bibliothek fertig?

Wir stapfen durch den Sand an vom großem Fleiß zeugenden kleinen Gärten vorbei zum

Kinderblock

200 Kinder finden hier 4 Wochen lang Erholung beim Roten Kreuz. Englische Spenden sind gute Hilfe. Die Kinder haben gerade ihren Mittagsschlaf beendet und stürmen mit viel Lärm ins Freie, da eine Anzahl Flugzeuge mit donnernden Motoren über uns ihre Kreise ziehen. Vom nahen Truppenübungsplatz kracht und bumst es in allen Tonarten, daß man sich unwillkürlich vier Jahre zurückversetzt fühlt und keine Parallele findet. Aus den Bemerkungen der Jungen, die gefechtsklare Panzer am nahen Zaun vorbeirattern-hören, spricht heißes Erlebenwollen. Erziehung zum Frieden und Antimilitarismus? Die müßte weiß Gott anders aussehen. Wir Erwachsenen sehen uns stumm in die Augen und ziehen die Schul­tern hoch, wir können, es leider. nicht ändern. Wir warfen einen Blick in den

Theatersaal

der sogar einen-versenkbaren Orchesterraum hat und in dem bald wieder die Muse zu Wort kommen wird. Vorläufig liegt hier noch das Gepäck der vor kurzem aus dänischen Lagern gekommenen 300 alten und kranken Flüchtlinge, von denen etwa 80 Prozent bettlägerig sind und von der Inneren Mission im Krankenblock betreut werden. Der Leiter findet nicht genug Worte der Anerkennung für den Einsatz der Schwestern. Die Alten führen sich wohl. Wir treffen den Arzt auf seinem Visitengang. Seine Stimme hebt sich etwas, als er uns sagt: „300 alte Leute habe ich, die sich zum Teil durchliegen, aber keine einzige Gummiunterlage! Wenn aus Ihrer Reportage auch nur einige Unterlagen herausspringen, die von einer Firma nach dem Lesen abgezweigt werden, haben Sie einen guten Zweck erreicht!" Wer gibt seinem Herzen einen Stoß?!

Immer, wieder springt uns der Mangel ins Auge,: Keine Handwerker, kein Material, kaum ein Nagel. Der einzige Maurer hat bereits ein Alter von 75 Jahren und tut treu seine Pflicht. Doch man handelt nach der Devise: Schwierigkeiten sind da, um überwunden zu werden. Viel Kopfzerbrechen machen die sanitären Verhältnisse, die grundlegender Aenderungen bedürfen. Kräfte der Karitas und des Blindenwerkes sind mit Fleiß dabei, ihre Blocks für die Bestimmung vorzubereiten.

Im Block der Arbeiterwohlfahrt

sind die ersten Frauen mit Säuglingen eingetroffen; sie kamen in bejammernswertem Zustand an, ohne Kleidung und Wäsche, kamen -noch dazu in leere Räume. Hier konnte inzwischen helfend eingegriffen werden. Vieles aber bleibt noch zu tun und alle Anstrengungen werden gemacht, daß der Aufenthalt trotz allem noch gut wird. Eine Leiterin, eine Schwester und eine Kindergärtnerin sind bereits in dem Betreuungswerk der Arbeiterwohlfahrt bei Stukenbrock tätig, weitere moralische und materielle Hilfe ist vorgesehen.

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